Mobilitätscampus: Mobilitätslösungen aus dem ländlichen Raum für den ländlichen Raum

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15. November 2023

Werden Menschen in ländlichen Räumen gefragt, was die dringendsten Herausforderungen der Gegenwart sind, wird neben „Gesundheit(-sversorgung)“ sehr häufig das Thema „Mobilität“ genannt.

Werden Menschen in ländlichen Räumen gefragt, was die dringendsten Herausforderungen der Gegenwart sind, wird neben „Gesundheit(-sversorgung)“ sehr häufig das Thema „Mobilität“ genannt. Mobilitätsangebote werden oftmals im urbanen Kontext entwickelt. Die Voraussetzungen und Herausforderungen für Mobilität in ländlichen Räumen weichen jedoch oft stark von denen in der Stadt ab. Dies schließt ihre Übertragbarkeit aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten oftmals aus.

Veranstaltungs-Hinweis

Am 18./19. Juli 2024 findet im Rahmen der Kreativsause ein Hackathon statt

Weitere Infos: https://smart-village.net/25-stunden-hackathon-auf-der-kreativsause/

Die Abhängigkeit vom eigenen Pkw ist im ländlichen Kontext von Bad Belzig und Wiesenburg/Mark besonders hoch. Trotz der guten Anbindung an Potsdam und Berlin durch die Zugverbindung RE7 wird das Angebot der öffentlichen Verkehrsmittel insbesondere in den Randzeiten und am Wochenende vor allem in den weniger gut angebundenen Ortsteilen nur als unzureichend bewertet. Angebote konzentrieren sich oftmals auf die Kernorte, sodass die durchschnittlichen Entfernungen vergleichsweise groß sind und die Nutzung des Fahrrads bzw. das Zufußgehen oftmals keine Option darstellen.

Für all diejenigen Menschen, die nicht, noch nicht oder nicht mehr über einen eigenen Pkw verfügen, sind Alltagswege bspw. zum Arbeitsplatz, der Schule oder zu medizinischen Einrichtungen mit teilweise erheblichen Schwierigkeiten verbunden.

Mobilitäts-Maßnahmen in der Smart-City-Strategie

Gelegen zwischen Bad Belzig und Wiesenburg, in direkter Nachbarschaft zum Coconat, einem Anziehungspunkt für sowohl lokale als auch internationale Gäste, soll im Bad Belziger Ortsteil Klein Glien ein Mobilitätscampus entstehen. Dieser Ort, der selbst vor den Herausforderungen ländlicher Mobilität steht, ist prädestiniert dafür, real nutzbare Lösungen aus dem ländlichen Raum für ländliche Räume zu entwickeln. Die Maßnahmen des Maßnahmenbündels „Mobilitätscampus“ schaffen dafür den organisatorischen und baulichen Rahmen und sollen den Weg zu ersten Lösungen ebnen.

Aufbau des Mobilitätscampus

Eine erste Investition in den Mobilitätscampus ist bereits in der Strategiephase des Smart City Modellprojektes Bad Belzig und Wiesenburg/Mark getätigt worden: ein ehemaliger S-Bahn-Waggon wurde in Kooperation mit dem Smart Village e. V. auf dem Gelände aufgestellt und soll das Herzstück des entstehenden Campus bilden. Der Waggon sowie die umliegenden, zur Verfügung stehenden Gebäude sollen zunächst für die weitere Nutzung renoviert, ertüchtigt und zu Büros und Werkstattflächen ausgebaut werden.

Der gemeinnützige Smart Village e. V. übernimmt bei der Gestaltung des Campus eine wichtige Rolle und hat bereits über andere Fördertöpfe Gelder eingeworben, um die hier dargestellten Maßnahmen umzusetzen. Als Träger der Maßnahme ist er darüber hinaus maßgeblich an der geplanten Erstellung eines Organisations- und Betreibermodells beteiligt und soll auch über den Förderzeitraum hinaus den Mobilitätscampus betreiben. Eine neugeschaffene Stelle als CampusmanagerIn ist für die programmatische Ausgestaltung des Innovationsortes verantwortlich. Auf dem Campus sollen Forschungs-, Bildungs- und Pilotprojekte im Bereich Mobilität umgesetzt werden. Veranstaltungen wie Fachtagungen, thematische Stammtische oder Festivals sowie Formate wie Residenzprogramme oder preiswerte Büroflächen für Mobilitäts-Unternehmen sollen den Ort das ganze Jahr über beleben und Arbeitsplätze vor Ort schaffen.

Dass ein Bedarf nach dem Mobilitätscampus besteht hat die Vergangenheit gezeigt, z.B. hat der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg seine Auftaktveranstaltung zu einem Forschungsprojekt zum Thema Auslastung von Zügen hier durchgeführt, die Deutsche Bahn hat einen Versuch zur Kombination Zug-Fahrrad durchgeführt und der Landkreis eine gut besuchte Fachveranstaltung zum Thema Zukunftslinie RE7 auf dem Gelände abgehalten – und das, obwohl alles noch unrenoviert ist.  Nicht zuletzt auf Grund des neu gebauten Fahrradwegs nach Klein Glien sind auch der Bundesverband Zukunft Fahrrad und der ADFC schon jetzt Partner des Projekts.

Dieses Interesse soll aufgegriffen und ausgebaut werden, der Mobilitätscampus soll u.a. als Treffpunkt für WissenschaftlerInnen, MobilitätsdienstleisterInnen und Start-Ups fungieren, die gemeinsam an Forschungsprojekten zum Thema nachhaltige ländliche Mobilität arbeiten und ihre Ideen und Ansätze unter realen Bedingungen testen und auswerten. Die Bevölkerung möchten wir insbesondere über Bürgerinitiativen wie die Mitfahrbank-Initiative oder den Verein Bürgerbus einbinden.

Entwicklung und Erprobung von konkreten Lösungen

Der Mobilitätscampus soll insbesondere vor dem Hintergrund entstehen, Mobilitätslösungen aus dem ländlichen Raum für ländliche Räume zu entwickeln. Aktuelle Herausforderungen, die im Handlungsfeld „Mobilität“ in der Region erkennbar sind, sollen gezielt angegangen werden. Entsprechende Lösungen sollen erarbeitet und in einem Reallabor-Ansatz erprobt werden. Durch dieses Vorgehen können sowohl externe Expertise in den Problemlösungsprozess einbezogen als auch die charakteristischen lokalen Gegebenheiten und AkteurInnen berücksichtigt werden. Mögliche erste Themen für diesen Prozess stellen bspw. (1) die Anbindung des Bahnhof Wiesenburg/Mark zum Ortskern, (2) die Anbindung des Bahnhof Bad Belzig an die Steintherme, (3) die Radverkehrsförderung im Hohen Fläming, (4) die Gestaltung der innerstädtischen Verkehrsführung in Bad Belzig oder (5) die Weiterentwicklung der Mobilstationen des Landkreises dar.

Je nach Themenschwerpunkt kommen verschiedene digitale Werkzeuge zum Einsatz und sollen über die entsprechenden Anwendungsfälle weiterentwickelt werden. Die Open-Source-Mobilitäts-Anwendung bbnavi bietet bspw. die Möglichkeit, Informationen in interaktiven Karten abzubilden. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf lokalen, nachhaltigen Angeboten, wie sie sich in den Datenbanken von Wegweiser Hoher Fläming oder der Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH finden. Auch Informationen und „Ebenen“ aus OpenSource-Karten wie OpenStreetMap können nach Absprache mit der Zukunftsschusterei in die Karte eingefügt werden. Die zusätzliche Routenplanungsfunktion im bb navi/Routenplaner gibt für verschiedene Verkehrsmittel die besten Wege und Verbindungen an. Diese Anwendung ist bereits in der Bad Belzig App im Bereich „Service“ als „Routenplaner“ integriert. Eine Bezahlfunktion, um Angebote buchbar zu machen, wird zurzeit geprüft. Unterschiedliche Sensoren z. B. für die Parkraumüberwachung oder Verkehrszählungen könnten ebenfalls im Kontext unterschiedlicher Fragestellungen genutzt werden.

All dies soll in enger Abstimmung mit dem Landkreis Potsdam-Mittelmark erfolgen. Am Standort des Mobilitätscampus plant dieser den Aufbau einer digitalen Mitfahrbank. Sie könnte ein Pilotprojekt für die Buchbarkeit verschiedener Angebote werden und stellt den Auftakt für ein größeres Vorhaben dar: Mittelfristig plant der Landkreis eine mit dem Campus räumlich und inhaltlich eng verknüpfte Mobilstation. Ein Pilotstandort mit konkreten Mobilitätsangeboten wie Fahrrad-, Anhänger- und Autoverleih sowie Infrastruktur wie Paketstation oder Büchertauschzelle. Kooperiert werden soll außerdem mit Regiobus Potsdam Mittelmark. Das Unternehmen plant in der Region den Einsatz eines innovativen, führerlosen Fahrzeugs für den Personenverkehr. Es soll also nicht nur um die theoretische Entwicklung von Ideen gehen, sondern das Leben der BesucherInnen und der EinwohnerInnen des Flämings soll durch nutzbare Angebote direkt verbessert werden.

 

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